[Fachartikel: erschienen in: TeleTalk, 10/2003]

Unternehmen haben den zufriedenen Kunden als Erfolgsfaktor entdeckt. Branchenübergreifend haben Aktivitäten im Beschwerdemanagement  Priorität. Doch viele Unternehmen haben noch Probleme mit reklamierenden Verbrauchern. Für erfolgreiches Beschwerdemanagement sind gerade die Kundenkontakte und die passende Reaktion auf Reklamationen sehr wichtig. Im Beschwerdefall ist ein Kunde erregt. Fehler im Umgang mit seinem Anliegen zählen für ihn doppelt schwer, darunter leidet die Geschäftsbeziehung. Gerade deshalb kommt es darauf an, den Kunden möglichst reibungslos zufriedenzustellen und so seine Loyalität zu steigern.

Zentrale Anlaufstelle

Nur eine Minderheit der verärgerten Kunden wendet sich überhaupt noch an ein Unternehmen, um sich zu beschweren. Der Großteil der Betroffenen wandert still und leise zur Konkurrenz. Verärgerte Kunden brauchen daher eines ganz besonders: Sie müssen leicht einen Ansprechpartner finden, denn sie geben dem Unternehmen nur diese eine Chance, die Kundenbeziehung zu retten.

Viele Kunden suchen zuerst nach einer Beschwerdemöglichkeit auf der Homepage des Unternehmens. Zahlreiche Unternehmen bieten hier eine Möglichkeit zur Reklamation, allerdings oft versteckt hinter ungewöhnlichen Begriffen, da Beschwerden immer noch als negativ betrachtet werden. Kategorien wie “Mein Thema”, “Schreiben Sie uns!”, oder auch “General Feedback and Complaints” auf einer deutschen Homepage verwirren eher.

Und selbst wenn der Kunde die entsprechende Maske findet, kann es passieren, dass sie technisch versagt. Eine Stichprobe von TietoEnator bei 72 deutschen Energieversorgern hat gezeigt, dass zwar mehr als 60 Prozent ein Online-Formularanbieten, dieses in vier Prozent der Fälle aber nicht funktioniert. Man kann sich vorstellen, wie ein Kunde, der sich auf diese Weise beschweren möchte, darauf reagiert.

Neben der Sorgfalt spielt auch die Geschwindigkeit der Bearbeitung eine Rolle. Ein Kunde, der reklamiert, erwartet in einem angemessenen Zeitraum eine Reaktion. Eine Stichprobe bei Hotelketten, EVU und Banken zeigt, was hier im Argen liegt. Branchenübergreifend reagieren etwa 40 Prozent der Unternehmen innerhalb von 14 Tagen nicht, weder durch eine Eingangsbestätigung noch sonst irgendwie.
Reagiert ein Unternehmen auf eine Beschwerde, impliziert dies nicht, dass es sich auch ernst nimmt. Eine Antwort der Art “Vielen Dank für Ihre Anfrage. Hiermit erhalten Sie unsere aktuellen preise”, trägt sicher nicht zum Erhalt der Kundenbeziehung bei. Doch 30 Prozent der untersuchten EVU gehen nicht auf den Beschwerdegrund ein, 40 Prozent der Antwortschreiben werden zu Marketingzwecken missbraucht.

Kundenkommunkation

Oft ist die Form der Antwort unzureichend, viele Antwortschreiben sind fehlerhaft, wie die Beispiele zeigen (die Rechtschreibfehler sind original): “… ich habe Ihre Mail von unserem Netzwerkadministrator erhalten. Vermutlich lag diese einige Tage in den ‘Firewall-Meldungen’ oder in einem kaum gepflegten Postfach…” – “Zunächst möchten wir uns für die verspätetet relation entschuldigen.” Dabei handelt es sich um die erste Reaktion nach 24 Tagen.
Eine solche schlampige Bearbeitung ernstgemeinter Beschwerden dürfte die meisten Beschwerdeführer so stark verärgern, dass sie ohne Umschweife zur Konkurrenz wechseln und durch Mund-zu-Mund-Propaganda auch andere potenzielle Kunden negativ beeinflussen. Das kostet bares Geld.

Autoren: Dr. Carsten Hanewinkel, Dr. Oliver Ratajczak; erschienen in TeleTalk 10/2003